Page 5 - Merkblatt erdnistende Wildbienen
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SIND WILDBIENEN NOCH ZU RET TEN?
Alarmstufe Rot bei Wildbienen
Das dramatische Artensterben erfordert Sofortmassnahmen
Erdnister sind besonders bedroht
Von den über 600 Arten von Wildbienen in der Schweiz sind
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mindestens 45% bedroht. Erdnistende Wildbienen sind in den RÜCKGANG DER NISTPLÄTZE
letzten Jahren besonders stark zurückgegangen. Sie gelten
deshalb als stark bedroht und besonders angewiesen auf Die Gründe, weshalb natürliche Nistplätze von erd-
Fördermassnahmen. nistenden Wildbienen zurückgehen, sind vielfältig:
Wissenschaftler gehen davon aus, dass viele Insektenarten – Landschaften wurden ausgeräumt, ökologische Verarmung
regional aussterben werden. Wildbienen sind besonders der Agrarlandschaft
betroffen, weil sie hohe Anforderungen an ihren Lebensraum – Bienenschädliche Praktiken
(Abdrift von Pestiziden, Mulchen, Mähregime etc.)
stellen. Sie werden deshalb zu den Arten gehören, die vom – Vergiftung des Lebensraums durch Pestizide
Artensterben als erstes und stark betroffen sind. Doch auch – Zerstörung von Nistplätzen durch Bodennutzung
weitere wichtige Wildbestäuber wie Fliegen, Wespen, – Auffüllen von Sandgruben
Schmetterlinge, Käfer etc. sind in Gefahr. Bei der Fahrt über – Begradigung und Betonierung von Kanten
Land musste man noch vor einigen Jahren regelmässig an- und natürlichen Flussauen
halten, um die Windschutzscheibe von Insekten zu reinigen. – Brachen mussten der Zersiedelung weichen
Es waren so viele, dass sie die Sicht behinderten und erst die – Bepflanzung offener Bodenflächen,
Reinigung ein Weiterfahren ermöglichte. Heute ist dies ganz Überwachsen offener Kanten
anders: Eine Reinigung ist nur ganz selten nötig; dies zeigt auf, – Versiegelung und Befestigung von Naturwegen
welch enorme Biomasse verloren gegangen ist! – Zerstörung von Trocken- und Magerwiesen durch
Überdüngung
Die Bestände sehr vieler Tier- und Pflanzenarten sind in den – Nutzungsänderungen, Nutzungsintensivierung
vergangenen Jahrzehnten eingebrochen, weil ihre Lebens- – etc.
räume zerstört, beeinträchtigt und vor allem eutrophiert
wurden (Verlust von blütenreichen Wiesen, Flach- und Hoch-
mooren, Kleinstrukturen etc.) sowie Pestiziden ausgesetzt sind.
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So schockierten die Ergebnisse der Krefelder Studie interna-
tional die Öffentlichkeit: Sogar in Naturschutzgebieten brachen
Bestände in den letzten 30 Jahren um 80% ein. Die Folge ist
eine ökologische Katastrophe, die nicht zuletzt massive wirt-
schaftliche Schäden in Milliardenhöhe für die Landwirtschaft
und Nahrungsmittelproduktion mit sich bringen würde.
Die Experten sind sich einig, dass nur durch schnelles Handeln
zum Schutz der Insekten der Artbestand gerettet werden kann:
Das Artensterben steht wie ein Tsunami vor uns – die Welle
steht und wird über uns hereinbrechen: Wir könnten aber
noch abschwächen, wie sehr sie uns trifft.
Wildbienen bestäuben nicht nur Wildpflanzen, sie erbringen
eine unverzichtbare Ökosystemleistung. Sie erhalten auch die
Lebensgrundlagen weiterer Tiere wie Vögel, Amphibien, Igel
etc. und sind oft auch selbst die Nahrung der Insektenesser.
Oft wird die Stadt als Rückzugsort gepriesen, und tatsächlich
geht es manchen Arten dort besser als auf dem Land. Gerade
die grosse Mehrheit der erdnistenden Arten zeigt jedoch, dass Albert Krebs
sie sich in den oft versiegelten Böden der Städte nicht ein-
finden können und auch die zunehmende Stadtimkerei prob-
lematisch ist aufgrund zunehmender Nahrungskonkurrenz.
sich dort wieder einfinden und überleben können. Konsumen-
Wir dürfen Kultur- und Landwirtschaftsflächen deshalb nicht ten können durch ihren Einkauf beeinflussen, wie bienen- und
«aufgeben», sondern müssen Wege finden, wie Wildbestäuber artenfreundlich die Landwirtschaft sein soll.
Wildbienenfreundliche Landwirtschaft 5